Deutsche Gerichte werden über den Rechtsstreit zwischen einem Peruaner und dem Energiekonzern RWE entscheiden.

Salvador Martínez Mas
Hamm (Deutschland), 27. Mai (EFE) – Das Landgericht Hamm in Westdeutschland wird am Mittwoch über die Klage des peruanischen Bauern und Bergführers Saúl Luciano Lliuya gegen den Energiekonzern RWE entscheiden, der glaubt, dass die Emissionen des Unternehmens zum Schmelzen des Gletschers in der Nähe der Andenstadt Huaraz beitragen, in der er lebt.
Lliuya legte 2017 mit Unterstützung der Umweltorganisation Germanwatch erfolgreich Berufung bei diesem deutschen Gericht ein, nachdem ein anderes Gericht seine 2015 eingereichte Klage 2016 abgewiesen hatte. Nach Jahren der Verzögerung befindet sich der Fall nun in einem entscheidenden Moment.
Der Schlüssel liegt in der Gefahr, die der Kläger für sein Haus sieht, weil der Gletscher, der die Lagune von Palcacocha speist, abschmelzen könnte.
Die RisikodebatteIm Mai 2022 führten Experten technische Besuche in Huaraz durch, um die Gefahr eines möglichen Überlaufs der Lagune infolge des fortschreitenden Abschmelzens des Gletschers aufgrund der globalen Erwärmung zu untersuchen.
Erst im vergangenen März, als in dem Fall zwei Anhörungen stattfanden, legten der Gerichtsgutachter und der Sachverständige des Klägers die Ergebnisse ihrer jeweiligen Gutachten zur Gefährdung von Lliuyas Haus vor.
Während der gerichtlich bestellte Sachverständige, Ingenieur Rolf Katzenbach, lediglich eine einprozentige Wahrscheinlichkeit angab, dass Lliuyas Haus durch eine überflutende Lagune beschädigt würde, sah der Sachverständige des Klägers, Lukas Arenson, ein Risiko von bis zu 30 Prozent.
RWE erwartet Abweisung der Klage
Während Lliuyas Anwälte erfolglos versuchten, den Gerichtsgutachter anzufechten, bleibt RWE hinsichtlich der Klage gelassen.
Nach Aussage eines Sprechers des deutschen Energiekonzerns sei durch die Besuche „deutlich geworden, dass die Beschwerde unbegründet ist“.
„Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat eindeutig nachgewiesen, dass für das Eigentum von Herrn Lliuya in absehbarer Zukunft keine Überschwemmungsgefahr besteht“, sagte der Unternehmenssprecher.
Zwei mögliche Szenarien
Die Ermittlung des Risikos ist von entscheidender Bedeutung, denn wenn das Gericht entscheidet, dass ein rechtlich relevantes Risiko für das Haus des peruanischen Bergführers besteht, wird es sich der zweiten Beweisfrage zuwenden. Dabei geht es darum, festzustellen, inwieweit der Klimawandel und die CO2-Emissionen von RWE zu diesem Risiko beigetragen haben.
Sollte das Gericht zu dem Schluss kommen, dass Lliuya rechtlich nicht von einer Überschwemmung betroffen ist, wird die Klage abgewiesen.
Die Klage des peruanischen Landwirts und Bergführers, die von internationalen Analysten und Experten als Pionierfall in der Verfolgung der Unternehmenshaftung für die Auswirkungen seiner Treibhausgasemissionen angesehen wird, basiert auf den §§ 1004 und 823 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches.
Der erste dieser Artikel – der sich mit dem „Schutz vor Störungen“ befasst – ermöglicht es einer Person, von der Person, die eine Störung verursacht, zu verlangen, dass sie Maßnahmen ergreift, um diese zu verhindern, während der zweite – der sich mit der „Haftung für Schäden“ befasst – eine Entschädigung für Schäden festlegt, die im Fall von Lliuya an ihrem Eigentum entstanden sind.
Die geforderte EntschädigungLliuya fordert von RWE eine Übernahme von rund 0,5 Prozent der Kosten für die notwendigen Schutzmaßnahmen am Palcacocha-See, also rund 20.000 Dollar oder 17.600 Euro der vier Millionen Euro, die der Bau eines Rückhaltedamms kosten würde.
Unabhängig von der Entscheidung des Gerichts ist der Kläger der Ansicht, dass der Fall einen beispiellosen internationalen Präzedenzfall geschaffen hat, da die Berufung bereits 2017 zugelassen wurde. Lliuya würde sich jedoch wünschen, dass die Konsequenzen dieses Urteils durch ein positives Urteil am Mittwoch ausgeweitet würden.
„Wir hoffen, dass das Urteil positiv ausfällt und dass das deutsche Gericht einen Präzedenzfall schaffen kann, der dazu beiträgt, die Umweltverschmutzer zur Verantwortung zu ziehen“, sagte Lliuya diese Woche gegenüber EFE. EFE
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