Umweltminister im ntv Frühstart: Schneider offen für Verbrennerverbot für Dienstwagen ab 2030

Die Automobilhersteller wollen den Absatz ihrer E-Autos anschieben und schlagen für Dienstwagenflotten und Autovermietungen ein EU-weites Verbot von Verbrennerautos schon ab 2030 vor. Die Union lehnt das umgehend ab. Bundesumweltminister Schneider von der SPD zeigt sich bei ntv offen für die Idee.
Bundesumweltminister Carsten Schneider fordert grundsätzlich "mehr Speed" bei der Umstellung auf Elektromobilität in Deutschland. In der ntv-Sendung Frühstart bezeichnete der SPD-Minister entsprechende Überlegungen der Industrie, Verbrennungsmotoren in Dienst- und Mietwagenflotten schon ab 2030 zu verbieten, als "interessanten Ansatz".
Hintergrund ist ein Vorstoß von Automobilherstellern, Verbrennungsmotoren in Dienst- und Mietwagenflotten EU-weit ab 2030 zu verbieten. Die EU-Kommission hat bisher lediglich zugesagt, diese Idee zu prüfen. Eine endgültige Bewertung wolle Schneider erst vornehmen, sobald konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen. Ein früherer und stärkerer Markthochlauf werde kommen, sagte Schneider. Ein regulatorischer Ansatz könne dabei helfen, technologische Ziele im Autosektor in Deutschland schneller umzusetzen. Ab dem 1. Januar 2035 zugelassene Pkw dürfen in der EU nach aktueller Gesetzeslage kein Benzin oder Diesel verbrennen.
Sowohl in Deutschland als auch in der EU läuft der Umstieg auf E-Autos im Moment zu langsam, um die Klimaziele zu erreichen. 15 Millionen E-Autos sollen es bis 2030 in Deutschland sein, selbst die optimistischeren Prognosen gehen von maximal 11 Millionen aus. Das bestätigt auch der im Frühjahr vorgestellte Bericht des Expertenrats für Klimafragen der Bundesregierung. Trotzdem will Bundeskanzler Friedrich Merz von einem früheren Verbrenner-Aus nichts wissen: "Das sind nicht die Vorschläge, die richtig sind. Sondern wir wollen technologieoffen bleiben", sagte der CDU-Vorsitzende am Montag in Berlin.
Der ebenfalls christdemokratische Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder will einen noch früheren Ausstieg aus Verbrennungsmotoren in der EU als 2035 verhindern. Schon das Verbrenner-Aus lehnt Schnieder wie auch die CDU ab. Bundesumweltminister Schneider befürwortet ein schnelleres Aus der Verbrenner als 2035. Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD blendet die Frage aus.
Merz' Klimaschutz-Aussagen "verunglückt"Ferner ging Schneider bei ntv auf Äußerungen des Kanzlers zur globalen Bedeutung deutscher Klimaschutzmaßnahmen ein. Merz habe zwar eindeutig das Ziel Deutschlands bestätigt, bis 2045 klimaneutral zu werden, dann aber ein bisschen relativiert - ein Signal, das Schneider mit Blick auf die Frage, wie Menschen zu Klimaschutz motiviert werden könnten, als problematisch bewertet: "Ich würde mal sagen, ein wenig verunglückt." Deutschland habe große Chancen, durch den Export klimafreundlicher Technologien wirtschaftlich zu profitieren, so der Minister.
Deutlich wurde der SPD-Umweltminister auch gegenüber der CDU-Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche, die einen "Realitätscheck" zur Energiewende angekündigt hat. Schneider erwartet davon eine klare Priorisierung der Erneuerbaren Energien: "Die Erneuerbaren sind die sauberste und kostengünstigste Energiequelle, die wir in Deutschland haben. Nur durch sie erreichen wir unsere Klimaziele 2030." Der Minister kündigte an, sich dafür einzusetzen, dass die Erneuerbaren "absolut Vorfahrt"erhalten. "Und darauf werde ich nicht nur Wert legen, sondern das auch durchsetzen", so Schneider.
Reiche hatte im Vorfeld eine stärkere Kostenkontrolle gefordert und betont, die Energiewende müsse "kosteneffizienter" werden. Umweltverbände und Kritiker werfen Reiche vor, mit dem angekündigten Realitätscheck eine Verlangsamung beim Ausbau der Erneuerbaren zu planen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte, die Leistungsbeschreibung zur Studie rechne den künftigen Strombedarf künstlich klein und ignoriere zentrale Zukunftstechnologien wie Wärmepumpen und E-Mobilität.
Klimaschutzprogramme werden aufgestocktDen Vorwurf, Klima- und Umweltschutz habe in der noch jungen Bundesregierung keine Priorität, wies Schneider aber zurück. Mit einem 5-Punkte-Plan will er insbesondere das Wassermanagement in Deutschland verbessern.
Mit Blick auf die aktuellen Starkregenereignisse nach den langen Trockenphasen im Frühjahr brauche es ein Umdenken. "Es gab lange Dürrephasen in den letzten Jahren und da trocknet der Boden aus. Wenn der Starkregen kommt, dann fließt das Wasser einfach ab. Es wird nicht mehr im Grundwasser gespeichert", so Schneider, "Das heißt, wir brauchen einen Waldumbau, eine Wiedervernässung von Mooren und in den Städten wie hier in Berlin Anpassung an diese Veränderungen im Klima." Die Bundesregierung werde das mit einem insgesamt dreistelligen Millionenbetrag unterstützen.
Für wiedervernässte Moore soll es noch dieses Jahr eine neue Förderrichtlinie ("Palu-Richtlinie") geben. Zusätzlich startet ein Förderaufruf zur Anschaffung Moorboden-schonender Landmaschinen. Auch das KfW-Programm "Natürlicher Klimaschutz in Kommunen" soll mit zusätzlichen Mitteln von 385 Millionen Euro verstärkt werden - eine Verdopplung gegenüber dem bisherigen Budget. Ziel sei es, kommunale Projekte wie Baumpflanzungen oder Flächenentsiegelung zu fördern.
Quelle: ntv.de, cpf/shu
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