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Klima weiterhin im Minus: Drei Hebel zum Handeln

Klima weiterhin im Minus: Drei Hebel zum Handeln
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Trotz der Verlangsamung der globalen Treibhausgasemissionen bleiben die Klimaindikatoren im roten Bereich, wie der kürzlich veröffentlichte Bericht „Indicators of Global Climate Change 2024“ zeigt. Dieser Bericht nennt außerdem drei Handlungsoptionen zur Stabilisierung der atmosphärischen Treibhausgasemissionen, die die globale Erwärmung verursachen.

Die virtuelle Welt der sozialen Medien ist geprägt von Unmittelbarkeit. Ein TikTok-Nutzer verbringt täglich durchschnittlich 95 Minuten mit Surfen und generiert dabei Hunderte von Klicks. In der Politik reitet die populistische Welle auf diesem kontinuierlichen Informationsstrom, der unseren Alltag überflutet.

In diesen virtuellen Welten werden Entscheidungen auf der Grundlage der Launen des Augenblicks getroffen, selbst wenn dies bedeutet, dass man bei unerwarteten Reaktionen schnell den Kurs ändern muss. Diese Unterwerfung unter kurzfristige Stimmungen ist angesichts der globalen Erwärmung und des Verlusts der Artenvielfalt unvereinbar mit Maßnahmen.

◗ Dieser Artikel wurde ursprünglich von The Conversation veröffentlicht

Das erste Gegenmittel gegen die Tyrannei des Unmittelbaren muss die Wissenschaft sein. Deshalb spielt der Weltklimarat (IPCC) eine so zentrale Rolle im Klimaschutz. Seit 1990 hat der IPCC sechs Sachstandsberichte veröffentlicht. Diese Berichte liefern wertvolle Benchmarks und dokumentieren den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Klimasystem, die Auswirkungen und möglichen Anpassungen an die globale Erwärmung sowie die Möglichkeiten zur Stabilisierung der Erwärmung.

Kennzahlen zum Klimawandel im Jahr 2024. Indikatoren zum globalen Klimawandel 2024, bereitgestellt vom Autor

Kennzahlen zum Klimawandel im Jahr 2024. Indikatoren zum globalen Klimawandel 2024, bereitgestellt vom Autor

Die Zeitspanne zwischen zwei Berichten nimmt jedoch tendenziell zu. Von fünf Jahren zwischen dem ersten und zweiten IPCC-Bericht ist sie zwischen den letzten beiden Berichten auf neun Jahre angewachsen. Um zu verhindern, dass Entscheidungsträger auf diesem Weg den Überblick verlieren, veröffentlicht ein Forscherkollektiv jährlich ein Dashboard, das die vom IPCC verwendeten Methoden berücksichtigt.

Ich habe ihren Bericht über das Jahr 2024 gelesen, der am 17. Juni 2025 veröffentlicht wurde. Hier ist, was ich daraus mitgenommen habe.

Rote Ampeln trotz Emissionsrückgang

Das jährliche Dashboard aktualisiert zunächst die Informationen zu den CO₂-Emissionen bis 2024 (und zu anderen Treibhausgasen bis 2023). Wenig überraschend bestätigt diese Aktualisierung die in den letzten 15 Jahren beobachtete Verlangsamung des Anstiegs der globalen Emissionen, die hauptsächlich durch CO₂- Emissionen verursacht wurde.

Verlangsamung des Emissionsanstiegs in den letzten fünfzehn Jahren. Zur Verfügung gestellt vom Autor

Verlangsamung des Emissionsanstiegs in den letzten fünfzehn Jahren. Zur Verfügung gestellt vom Autor

Diese Verlangsamung reicht jedoch nicht aus, um die Anreicherung der Treibhausgase in der Atmosphäre zu stabilisieren oder gar zu verlangsamen. Das Wachstum dieser Vorräte hält an und hat sich bei Methan seit Anfang der 2020er Jahre sogar beschleunigt.

Doch gerade dieser Bestand ist der vom Menschen verursachte Treiber der globalen Erwärmung. Er spielt eine noch größere Rolle, da die Aerosolemissionen (vor allem Schwefeldioxid), die kurzfristig eine Abkühlung des Planeten bewirken, aufgrund der verschärften Beschränkungen für lokale Schadstoffe, insbesondere im internationalen Schiffsverkehr und in China, zurückgehen.

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Infolgedessen zeichnet sich keine Abschwächung der Erwärmung ab. Im Jahr 2024 wurde erstmals die 1,5-Grad-Marke überschritten. 1,36 Grad dieses Anstiegs sind auf anthropogene Faktoren zurückzuführen, der Rest auf natürliche Klimaschwankungen, insbesondere das El-Niño-Ereignis im Jahr 2024.

In den letzten zehn Jahren hat die globale Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 1,24 °C zugenommen. Über dem Ozean liegt sie mittlerweile bei über 1 °C. An Land beträgt sie 1,79 °C und liegt damit etwa gleich weit zwischen 1,5 und 2 °C.

Erwärmung in den letzten 10 Jahren. Indikatoren des globalen Klimawandels 2024, Juni 2025, Zur Verfügung gestellt vom Autor

Erwärmung in den letzten 10 Jahren. Indikatoren des globalen Klimawandels 2024, Juni 2025, Zur Verfügung gestellt vom Autor

Es überrascht nicht, dass die anhaltende globale Erwärmung den Anstieg des Meeresspiegels begünstigt, der durch die thermische Ausdehnung des Wassers und das Schmelzen des kontinentalen Eises verursacht wird. Der durchschnittliche Meeresspiegel ist seit Beginn des letzten Jahrhunderts um schätzungsweise 22,8 cm gestiegen. Zwischen 2019 und 2024 lag er bei 4,3 mm/Jahr und damit deutlich über dem historischen Trend (1,8 mm/Jahr).

Welche Handlungshebel gibt es?

Um die globale Erwärmung zu stabilisieren, müssen wir zunächst die fossilen Kohlenstoffemissionen drastisch reduzieren. Wie das Global Carbon Budget bereits im Herbst 2024 feststellte, entspricht das verbleibende Kohlenstoffbudget für eine 50/50-Chance, die globale Erwärmung auf 2 °C zu begrenzen, nur noch den aktuellen Emissionen von 28 Jahren. Für das 1,5-°C-Ziel sind es weniger als fünf Jahre!

Das Dashboard zeigt auch die Auswirkungen einer Reduzierung der Aerosolemissionen, die maßgeblich zur globalen Erwärmung beitragen. Weniger Aerosole in der Atmosphäre bedeuten zwar weniger Gesundheitsprobleme an Land, aber auch eine stärkere globale Erwärmung, da Aerosole die Sonneneinstrahlung verdunkeln und die Wolkenbildung beeinflussen. Da Aerosole jedoch nicht lange in der Atmosphäre verweilen, wirkt sich eine Reduzierung ihrer Emissionen schnell auf ihren Bestand in der Atmosphäre aus.

Was kann getan werden? Der beste Weg, diesen Auswirkungen entgegenzuwirken, ist die Reduzierung der Methanemissionen. Da Methan eine kürzere Lebensdauer in der Atmosphäre hat als andere Treibhausgase, wirkt sich seine Reduzierung deutlich schneller auf die globale Erwärmung aus als eine entsprechende Reduzierung von CO2 oder Lachgas, die durchschnittlich 120 Jahre in der Atmosphäre verbleiben.

Das Dashboard verdeutlicht schließlich die Entstehung klimatischer Rückkopplungen , deren Auswirkungen die direkten Auswirkungen anthropogener Emissionen auf die Temperatur ergänzen. So fördert die globale Erwärmung beispielsweise die Methanemissionen in tropischen Feuchtgebieten und birgt das Risiko, dass sich die Emissionen durch das Schmelzen des Permafrosts künftig verstärken. In Kombination mit Dürren erhöht sie zudem die Emissionen durch Großwaldbrände und verändert das Wachstum von Bäumen, wodurch diese anfälliger für Schädlinge werden.

In beiden Fällen verstärken diese Rückkopplungen die Erwärmung. Maßnahmen gegen diese Rückkopplungen, beispielsweise durch die Anpassung von Waldbewirtschaftungsstrategien, entsprechen daher einer dualen Logik der Anpassung und Abschwächung des Klimawandels.

Waldbrände, Zementkarbonatisierung und fluorierte Gase

Das Dashboard ist zwar den Methoden der IPCC-Sachstandsberichte sehr ähnlich, bietet aber auch nützliche Ergänzungen. Besonders gut gefallen haben mir die Informationen zu Emissionen aus Großbränden, fluorierten Gasen und der Absorption von atmosphärischem CO2 durch Zement.

Drei Messgrößen für globale Treibhausgasemissionen. Indikatoren des globalen Klimawandels 2024, bereitgestellt vom Autor

Drei Messgrößen für globale Treibhausgasemissionen. Indikatoren des globalen Klimawandels 2024, bereitgestellt vom Autor

Die obige Abbildung zeigt drei Möglichkeiten zur Berücksichtigung der weltweiten Treibhausgasemissionen.

  • Der erste Balken zeigt mit 55,4 Milliarden Tonnen (Gt) CO2- Äquivalent die Emissionen für das Jahr 2023 und die zugehörige Unsicherheitsmarge, berechnet nach den vom IPCC verabschiedeten Standards.
  • Die Aggregation nationaler Inventardaten auf der Website der Vereinten Nationen ergibt für dasselbe Jahr lediglich Emissionen von 47,1 Gt. Die Differenz zwischen den beiden Zahlen hängt hauptsächlich damit zusammen, wie Emissionen aus Landnutzungsänderungen berücksichtigt werden, insbesondere mit der Abgrenzung zwischen Emissionen und Abbau anthropogenen und natürlichen Ursprungs. Beispielsweise ist Kohlenstoff, der durch Baumaufforstungen gespeichert wird, eindeutig anthropogenen Ursprungs. Sollte aber auch Kohlenstoff aus natürlichem Nachwachsen von Bäumen nach Bränden berücksichtigt werden?
  • Die mittlere Zahl stellt eine Neuerung im Dashboard dar. Sie erweitert die berücksichtigten CO2- Quellen und -Entnahmen, sodass sich Gesamtemissionen von 56,9 Gt CO2- Äquivalent ergeben (+1,5 Gt im Vergleich zur Standardbewertung). Unter Berücksichtigung der Kohlenstoffbindung durch Zementstrukturen (Zement -Karbonatisierung ) ergibt sich eine Kohlenstoffsenke von 0,8 Gt CO2 . Diese wird jedoch durch Methan- und Lachgasemissionen aus Waldbränden und Biomasseverbrennung (1 Gt CO2 -Äquivalent) sowie durch die Emissionen von FCKW und anderen fluorierten Gasen, die nicht unter die Klimarahmenkonvention (UNFCCC) fallen, mehr als ausgeglichen. Diese Emissionen belaufen sich im Jahr 2023 auf 1,3 Gt CO2- Äquivalent.
Die Trägheit der Treibhausgas-Aktien

In jüngster Zeit übersteigen die Emissionen der im UNFCC aufgeführten fluorierten Gase (F-Gase) die Emissionen derjenigen fluorierten Gase, deren Regulierung durch das Montrealer Protokoll (1987) zum Schutz der Ozonschicht eingeführt wurde. Diese Situation ist jedoch relativ neu. Als der Kampf zum Schutz der Ozonschicht begann, verursachten die Emissionen von FCKW und anderen fluorierten Gasen, die diese Schicht zerstörten, eine Erwärmung, die fast 12 Gt CO2 entsprach, also der Hälfte der damaligen fossilen Kohlenstoffemissionen ( 22 Gt CO2-Äquivalent).

Entwicklung der Emissionen fluorierter Gase. Indikatoren des globalen Klimawandels 2024, bereitgestellt vom Autor

Entwicklung der Emissionen fluorierter Gase. Indikatoren des globalen Klimawandels 2024, bereitgestellt vom Autor

Die drastische Reduzierung der Emissionen fluorierter Gase zum Schutz der Ozonschicht hatte somit erhebliche Auswirkungen auf den Klimaschutz, trotz der Entwicklung von Ersatzstoffen für diese Gase – wie beispielsweise HFKW – zur Deckung des Klima- und Kältebedarfs. Dieses Ergebnis zeigt sich heute in der Abnahme der atmosphärischen FCKW-Konzentration, was zur Eindämmung der globalen Erwärmung beiträgt.

Angesichts der atmosphärischen Verweildauer von FCKW-Gasen von etwa einem halben Jahrhundert dürfte dieser Minderungseffekt mehrere Jahrzehnte anhalten. Dies veranschaulicht die Trägheit von Bestand gegenüber dem Verbrauch, die sich bei fluorierten Gasen nun positiv auf den Klimaschutz auswirkt.

Umgekehrt treibt diese Trägheit die CO2- und Methanwerte trotz des Emissionsrückgangs weiter in die Höhe. Daher die roten Warnleuchten im Armaturenbrett. Gelingt es uns morgen, die Emissionsentwicklung nachhaltig umzukehren, könnte diese Trägheit sie ebenfalls senken. Doch dazu müssen wir den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft beschleunigen und dürfen nicht der Versuchung derjenigen erliegen, die einen Rückschritt wagen wollen.

Christian de Perthuis, Professor für Wirtschaftswissenschaften, Gründer des Lehrstuhls „Klimaökonomie“, Universität Paris-Dauphine – PSL

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Meinungsbeitrag, der von einem Autor außerhalb der Zeitung verfasst wurde und dessen Standpunkt nicht die Ansichten der Redaktion widerspiegelt.

Von Christian de Perthuis

Le Nouvel Observateur

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