Deutschland prüft nach Trump-Sanktionen die Verstaatlichung der Rosneft-Sparte, so Quellen.

Von John O'Donnell und Christoph Steitz
- Der russische Ölkonzern Rosneft kontrolliert wichtige Öllieferungen nach Deutschland.
- Rosneft von Trumps Sanktionen gegen Russland betroffen
- Berlin erwägt nun, Rosneft ins Abseits zu drängen.
BERLIN/FRANKFURT, 29. Oktober (Reuters) – Die US-Sanktionen gegen den russischen Ölproduzenten Rosneft (ROSN.MM) haben in Deutschland die Diskussionen über eine Verstaatlichung der dortigen Geschäftsbereiche des Unternehmens neu entfacht, darunter auch eine Raffinerie, von der Berlin für den Großteil seines Treibstoffs abhängig ist, wie zwei mit den Gesprächen vertraute Quellen gegenüber Reuters erklärten.
Die Situation verdeutlicht das komplexe Geflecht zwischen Deutschland und Russland, das Europas industrielle Großmacht in den Jahrzehnten vor dem Krieg in der Ukraine mit Energie versorgte.
Das US-Finanzministerium teilte am Mittwoch mit, es habe eine Lizenz erteilt, die die deutsche Tochtergesellschaft von Rosneft bis April 2026 von den US-Sanktionen befreit.
Die Erlangung einer dauerhaften Ausnahmeregelung bleibt Berlins bevorzugte Option, aber deutsche Beamte prüfen auch die Möglichkeit, die Betriebe zu beschlagnahmen und an einen ausländischen Investor zu verkaufen, sagten die beiden Personen.
Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums erklärte, man habe ein Schreiben aus den Vereinigten Staaten erhalten, das als „vorübergehende Lösung“ dienen solle.
Die deutsche Tochtergesellschaft von Rosneft besitzt die Mehrheitsbeteiligung an der Ölraffinerie Schwedt, die den größten Teil des Berliner Treibstoffbedarfs deckt, unter anderem für den Flughafen, Benzin für Tankstellen in ganz Ostdeutschland und wichtige Rohstoffe für die örtliche Chemieindustrie.
Das Unternehmen hält außerdem Anteile an den Raffinerien MiRo und Bayernoil.
Diese Vermögenswerte wurden 2022 nach Moskaus Einmarsch in die Ukraine, der Deutschlands jahrzehntelange Energiebeziehungen zu Russland erschütterte, unter Treuhandschaft gestellt, wodurch die Kontrolle an die deutsche Regierung überging.
Die Treuhandvereinbarung wird alle sechs Monate erneuert, könnte aber vor Gericht aufgehoben werden, da bei jeder Erneuerung die rechtliche Grundlage für die eigentlich nur vorübergehende Notmaßnahme überprüft wird.
Bislang hat Berlin von einer Beschlagnahmung der lokalen Vermögenswerte von Rosneft Abstand genommen, da man befürchtet, Entschädigungen an Moskau zahlen zu müssen.
MEHRMILLIARDEN-DOLLAR-UNTERNEHMENRussische Medien beziffern den Wert der deutschen Vermögenswerte von Rosneft auf rund 7 Milliarden US-Dollar, wobei eine der beiden Quellen angibt, der tatsächliche Wert liege möglicherweise unter der Hälfte. Moskau hat Europa vor einer Beschlagnahmung seiner Vermögenswerte gewarnt. Deutsche Unternehmen mit Produktionsstätten und anderen Investitionen in Russland könnten die Hauptlast einer möglichen Reaktion des Kremls tragen.
Rosneft versucht seit März 2024, das Unternehmen zu verkaufen, bisher jedoch erfolglos. Auf eine Anfrage nach einer Stellungnahme am Mittwoch reagierte das Unternehmen nicht.
Michael Kellner, ein Abgeordneter der Grünen im deutschen Bundestag, der in der letzten Koalitionsregierung mitgearbeitet und die Aufsicht über Rosneft geführt hatte, forderte die Regierung auf, das Unternehmen zu verstaatlichen.
„Das ist systemrelevant für Deutschland“, sagte Kellner gegenüber Reuters. „Die Regierung muss Rosnefts Geschäft in Deutschland verstaatlichen, um Planungssicherheit für dessen Zukunft zu gewährleisten.“
Kellner sagte, er habe das Unternehmen bereits während seiner Regierungszeit verstaatlichen wollen und Katar und Kasachstan hätten Interesse an einem Kauf im Jahr 2024 signalisiert.
Es ist allerdings unklar, ob diese Länder noch Interesse daran hatten.
Deutschland bezog früher Öl direkt aus Russland. Rosneft in Deutschland kauft nun Öl aus Kasachstan. Russland kontrolliert jedoch die Pipeline, durch die das Öl transportiert wird.
Berichterstattung von John O’Donnell und Christoph Steitz. Zusätzliche Berichterstattung von Holger Hansen in Berlin; Redaktion: Elisa Martinuzzi und Emelia Sithole-Matarise
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